Asexualität (kurz Ace) ist eine sexuelle Orientierung und beschreibt ein von der Norm abweichendes Empfinden sexueller Anziehung. Asexuelle Personen empfinden häufig kaum bis keine sexuelle Anziehung und/oder kein Verlangen nach sexueller Interaktion. Manche asexuelle Pesonen haben jedoch ein auf andere Weise von der Norm abweichendes Verhältnis zu Sexualität, sexuellerr Anziehung und/oder sexuellen Beziehungen. Eine Person kann es aber auch aus anderen Gründen hilfreich finden, sich als asexuell zu bezeichnen.
Sexuelle Anziehung bezeichnet den Wunsch oder das Verrlangen eine sexuelle Beziehung einzugehen und der Person, auf die die Anziehung gerichtet ist, auf eine Weise nahe zu sein, die von einem selbst als sexuell empfunden wird.
Die sexuelle Orientierung einer Person ist unabhängig von ihrer romantischen Orientierung und muss nicht mit dieser übereinstimmen. Eine asexuelle Peson kann beispielsweise grauromantisch, biromantisch oder auch heteroromantisch sein.
Menschen, die sich nicht auf dem asexuellen Spektrum sehen, werden als allosexuell bezeichnet. Allerdings bedeutet das nicht, dass jede allosexuelle Person den Wunsch nach Sex hat oder sexuelle Beziehungen führt. Viele tun das aber.
Das asexuelle Spektrum
Nicht alle Menschen erleben sich als vollständig asexuell oder allosexuell. Zwischen Allosexualität und Asexualität gibt es einen Graubereich. Dieser Bereich wird als asexuelles Spektrum bezeichnet, welches mit ace*spec (eng. für Ace-Spectrum) abgekürzt werden kann.
Das Erleben von Sexualität und sexueller Anziehung ist vielfältig und wird von jedem Menschen anders erlebt. Das gilt auch für Personen auf dem asexuellen Spektrum. Daher sind auch die Orientierungen auf dem Ace*spec vielfältig und reichen über grau-/gray-/grey-(a)sexuell über demisexuell bis hin zu Asexualität.
Der Begriff grau(a)sexuell wid von Menschen verwendet, die selten, schwach, unregelmäßig oder rnur unter bestimmten Umständen sexuelle Anziehung empfinden. Diese Anziehung muss nicht beständig sein oder kann von manchen Personen mitunter auch nicht klar als sexuell beschrieben werden. Grausexualität kann auch als Schirmbegriff verwendet werden, der viele Label auf dem aromantischen Spektrum unter sich vereint.
Der Begriff Demisexuell hingegen beschreibt Menschen, die sexuelle Anziehung erst dann empfinden können, wenn sie eine starke emotionale Verbindung zu der Peson aufgebaut haben. Demisexualität kann unter Grausexualität oder Aliquasexualität fallen – also wenn Anziehung nur unter bestimmten Umständen entstehen kann. Nicht alle demisexuellen Personen beschreiben sich aber auch als aliquasexuell.
Es gibt noch viele weitere Label und Mikrolabel, die von Personen auf dem asexuellen Spektrum verwendet werden. Diese können das inviduellere Empfinden der eigenen Sexualität beschreiben.
Manchmal werden a_sexuell und A_sexuell daher zum Beispiel mit Unterstrich oder Sternchen (a*sexuell, A*sexualität) geschieben. Das soll die Vielfalt und das unterschiedliche Eleben und Empfinden der Menschen auf diesem Spektrum hervorheben.
Asexualität und Sex?
Auch wenn Asexualität sich im ersten Moment so anhört, als hätten Personen auf dem Spektum grundsätzlich keinen Sex, stimmt das nicht immer. Während des auf dem asexuellen Spektrum Menschen gibt, die sich von sexuellen Handlungen abgestoßen fühlen, gibt es auch solche, die zwar keine sexuelle Anziehung empfinden, aber gerne Sex haben oder dem Gedanken an Sex mit einer anderen Person neutral gegenüberstehen. Das eine Person asexuell oder grausexuell ist, bedeutet noch nicht automatisch, dass sie Sex in allen Formen abgeneigt ist oder keine sexuellen Beziehungen führen möchte. Während manche Menschen auf dem asexuellen Spektrum keinen Sex wollen oder brauchen, gibt es auch diejenigen, die gerne Sex haben oder sexuelle Beziehungen führen. Wie allosexuelle Menschen haben auch Personen auf dem asexuellen Spektrum aus unterschiedlichen Gründen Sex beispielsweise, weil sie dabei die Nähe zum Partnermenschen genießen, einen Kinderwunsch haben oder manche auch ohne Anziehung Spaß daran haben.
Auch wenn es wichtig ist, zu sagen, dass Asexualität und Sex sich nicht ausschließen, gibt es auch viele Personen auf dem Ace*spec, die sich von sexuellen Handlungen abgestoßen fühlen. Selbst wenn diese Personen keine sexuellen Kontakte suchen und nicht sexuell aktiv sind, bedeutet das noch lange nicht, dass ihnen etwas fehlt. Wo keine sexuelle Anziehung und auch kein Bedürfnis nach Sex vorhanden ist, fehlt meist auch nichts, wenn dieser nicht Teil des eigenen Lebens ist. Sex ist für diese Menschen schlichtweg nicht notwendig und zum Teil auch nicht erwünscht.
Abhängig von den eigenen Bedürfnissen und der persönlichen Einstellung zu Sex und Romantik stehen Personen auf dem asexuellen Spektrum verschiedene Beziehungsmodelle offen, die auch von allosexuellen Menschen gelebt werden. Diese können unterschiedliche Formen gemeinsam gelebter Sexualität beinhalten müssen dies aber nicht und können auch nicht-sexuell sein.
Eine kurze Geschichte der Asexualität
Zum ersten Mal erwähnt wird der Begriff “Asexualität” im frühen 20. Jahrhundert. Carl Schlegel ein deutscher Immigrant und der erste moderne, schwule Aktivist in den USA wurde 1907 von der Kirchen für seine Homosexualität angeklagt und schuldig gesprochen wurde. Im Prozessprotokoll wurde ausdrücklich festgehalten, dass er sich für dieselben Gesetze für Homosexuelle, Heterosexuelle, Bisexuelle und Asexuelle” einsetzte. Auch der Sexologe Magnus Hirschfeld sprach davor bereits vom Konzept der “sexuellen Empfindungslosigkeit”, dass Asexualität nicht unähnlich ist.
1952 wurde der Begriff von der Zeitschrift Travestia erstmalig verwendet, die 1965 auch über die “A-sexuelle Bandbreite” aufklärte. 1973 ließen erstellten Aktivstinnen am Barnard College für Liberale Wissenschaften in New York bei einer Tagung ein Plakat mit Text und verschiedenen Labels. Auch hier war “asexual” inkludiert.
In ihem 2019 veröffentlichen Buch Asexual Erotics. Intimate Readings of Compulsory Sexuality beschreibt Ela Przybylo ausführlich die feministischen Anstrengungen der 1960er und 1970er Jahre Sex abzuschwören. Die Feministin Lisa Orlando veröffentlichte zu diesem Zeitpunkt The Asexual Manifesto. Dieses ist dem heutigen Verständnis von Asexualität schon näher und veranlasste sogarr den schwulen Befreiungskämpfer Greg Turner dazu, es in einem Essay von 1976 zu zitieren, in dem er seine eigene Suche nach der sexuellen Identität skizzierte.
1971 veröffentlichte die Village Voice einen als Parodie gedachten Artikel mit dem Titel Asexuals Have Problems Too! Dieser Artikel löste jedoch eine Flut von Biefen an die Zeitung aus, die auf eine große Neugier bezüglich asexueller Identitäten hindeutet. In den 80er und 90er Jahern machten Punk-Zines bei Leser*innenbefragungen ebenfalls eine asexuelle Gruppe aus. Ebenfalls in den 90ern begannen asexuelle Menschen, ihre Identität in Riot-Grrrl-Zines selbst zu erforschen.
Die moderne Organisation und Entstehung asexueller Communitys fand größtenteils über das Internet statt. 1997 schrieb Zoe O’Reilly das Essay My life as an amoeba (dt. “Mein Leben als Amöbe”).
Vier Jahre später wurde mit der Yahoo Mailing Gruppe Haven for the Human Amoeba (dt. “Zuflucht für die menschliche Amöbe”) ein Ort gegründet, an dem asexuelle Menschen sich online finden und austauschen konnten.
Im März 2001 gründete David Jay schließlich das, was wir heute als Asexual Visibility and Education Network (AVEN) kennen. Eine Website, mit Informationen zu Asexualität und schließlich einem Foum, das für viele asexuelle Menschen zur ersten Anlaufstelle wurde.
Die asexuelle Flagge
Die Diskussion, die mit der Entscheidung für die asexuelle Flagge endete, wurde 2010 auf AVEN (Asexuality Visibility and Education Network) angestoßen. Nach längeren Diskussionen und einer Abstimmung, die in mehreren großen Ace*spec-Communitys geteilt wude, fiel die Wahl auf die aktuelle Flagge für Asexualität.
Die gewählte asexuelle Flagge besteht aus vier horizontalen Streifen in schwarz, grau, weiß und lila (von oben nach unten). Oft wird dabei gesagt, dass die Farbe Schwarz für Asexualität steht, während das Grau als Farbe für Demisexualität und Grau(a)sexualität angesehen wird. Weiß steht für Allosexualität aber auch für allosexuelle Partner*innen und sexuelle Anziehung steht und das Lila für die Community.
Ace Week
Die Aceweek findet jährlich in der letzten vollen Oktoberwoche statt und dient dazu, die Aufklärung über das asexuelle Spektrum voranzutreiben, Communityveranstaltungen zu organisieren sowie Personen auf dem Ace*spec die Möglichkeit zu geben, ihre Erfahrungen auszutauschen.
Ace Week, früher auch Asexual Awareness Week, wurde erstmals 2010 von Sara Beth Brooks mit Hilfe des AVEN-Gründers David Jay oganisiert. Sie fand größtenteils online über Blogbeiträge und Social-Media-Aktionen durchgeführt. Als Teil der Kampagne zu Sensibilisierung für Asexualität innerhalb der queeen LGBTQIA+ Community erstellen Personen auf dem asexuellen Spektum einminütige Videobriefe mit dem Titel “Dear LGBT Community”, die auf YouTube, Twitter und Facebook geteilt wurden. Aces wuden ermutigt, Informationen über Asexualität zu teilen und ihre Erfahrungen über die sozialen Medien auszutauschen, ihre Profilbilder zu ändern und sowohl online als auch offline Gespräche über ihre Asexualität zu führen.
2011 machte die Ace Week einen großen Sprung nach vorne. Sara Beth wurde von einem 20-köpfigen Komitee unterstützt, das die Ace Week über einen Zeitpunkt von sechs Monaten plante und Aktionen ausarbeite. Die zweite Ace Week konzentrierte sich auch nicht mehr auf die queere Community, sondern richtete sich auch an Massenmedien, Bildungsorganisationen, Mediziner*innen und sexpositive Communitys.
Über die Jahre haben sich zur Feier der Ace Week einige Traditionen entwickelt. Dazu zählt beispielsweise die Fandom Challenge, die erstmals 2014 stattfand. An jedem Tag der Ace Week gibt es eine Aufforderung, um Diskussionen in sozialen Medien über asexuelle Charaktere ob Canon oder Headcanon anzustoßen.